Angst und Panikattacken

Ängste und Panik

Immer mehr Menschen sind in letzter Zeit von Angststörungen betroffen, die manchmal mit Panikattacken einhergehen und die wiederum massive Ängste nach sich ziehen. Wie sieht nun so ein typischer Angstanfall aus?

Erscheinungsbild einer Panikattacke

Panikattacken äußern sich zunächst in einer Reihe körperlicher Symptome, wie schneller, unregelmäßiger Herzschlag, Atemnot, Schweißausbrüche, Zittern, oft begleitet von einem Druck auf der Brust, Übelkeit und Magen- und Darmproblemen. Sie treten manchmal ganz plötzlich und unerwartet auf. Innerhalb weniger Sekunden oder Minuten schaukelt sich das Körpergeschehen hoch und scheint für die Betroffenen überhaupt nicht kontrollierbar zu sein. Nach einigen Minuten oder Stunden klingt der Anfall ab. Zurück bleibt die Angst vor einem neuen Anfall und die Angst vor der Angst.

Auf der Suche nach den körperlichen Ursachen für dieses Geschehen irren die Menschen von Untersuchung zu Untersuchung, wobei die Befunde meist völlige Gesundheit der Organe bestätigen. Damit nimmt die Angst vor der Angst eine immer größer werdende, sich verselbstständigende Komponente im Leben ein, in der möglichst alles vermieden wird, was wieder zu einem Angstanfall führen könnte.

Verschiedene Formen von Angstzuständen

Neben der oben beschriebenen spektakulären Panikstörung, die Attacken „aus heiteren Himmel“ scheinbar ohne Auslöser hervorbringt, gibt es auch andere Arten von Ängsten.

Die häufigsten sind die sog. spezifischen Phobien, also Ängste, die klar einer Situation oder einem Objekt zugeschrieben werden können, wie z. B. Angst vor Prüfungen oder Höhen, Spinnen oder Schlangen.

Eine weitere, oft auftretende Angst ist die Agoraphobie, auch Platzangst genannt, die sich in unbegründet starker Angst vor Plätzen oder Menschenansammlungen, oder auch dem Anstellen in einer Schlange äußert.

Eine häufige Art der Agoraphobie ist die Klaustrophobie, also die Angst vor geschlossenen Räumen, Aufzügen usw..

Die soziale Phobie oder Schüchternheit bedeutet Angst im Umgang mit anderen Menschen.

Weiters ist noch die generalisiert Angststörungen zu erwähnen, die zwar keine Panikattacken nach sich zieht, sich aber in andauerndem Grübeln, Befürchtungen und Sich-Sorgen-Machen äußert, begleitet von körperlichen Symptomen, wie Unruhe, Schlafstörungen, Schwitzen, Herzrasen, usw.. .

Sie alle sind dann als Krankheit zu bezeichnen, wenn sie unangemessen stark sind, zu häufig auftreten, und zu lange dauern, unkontrollierbare körperliche Symptome hervorrufen, zu ständiger Vermeidung der Angstsituation führen, und generell großen Leidensdruck verursachen.

Entstehung von Angststörungen

Zunächst einmal ist Angst eine gesunde und keine kranke Reaktion auf Situationen, die für Menschen, aber auch für Tiere, Lebensgefahr bedeuten. Hätten wir keine Angst, wir würden ungeschützt in die Tiefe springen, vor dem Feuer nicht davonlaufen, usw.. Die ursprüngliche Bedeutung von Angst liegt also darin, Lebewesen vor Situationen zu schützen, für die sie nicht angelegt sind. Diese natürliche Schutzfunktion wird durch ein Hormonsystem gesteuert, das Lebewesen in einer akuten Bedrohung entweder zum Kampf oder zur Flucht befähigt. Dabei wird automatisch die Herzleistung gesteigert, der Blutzuckerspiegel angehoben, die Muskeldurchblutung erhöht und die Atmung vertieft. Gleichzeitig wird – in einer Alarmsituation ist nicht Denken, sondern rasches Handeln vonnöten – dem Gehirn Blut entzogen und zu den Armen und Beinen geführt. Die Blutleere im Kopf bewirkt ein Gefühl von Derealisation, man fühlt sich als ob man „neben sich“ stünde und hat Angst, überzuschnappen beziehungsweise verrückt zu werden, während die stärkere Durchblutung der Arme und Beine zum „Zittern vor Angst“ führt. Die Symptome können individuell unterschiedlich ausgeprägt sein und in der Stärke variieren.

All das sind Maßnahmen, die die sog. Stresshormone, auch „Emergency Hormones“ genannt, bewirken, die im Nebennierenmark gebildet werden und von denen das Adrenalin das Bekannteste ist.

Gefahr führt also zur Angst und Angst bewirkt die Ausschüttung der Stresshormone, die ihrerseits Körperreaktionen bewirken, die zur Flucht oder zum Kampf befähigen, was wiederum eine Bewältigung der Lebensbedrohung bedeuten soll. So weit, so gut. Problematisch wird es nun, wenn Ängste sich auf Bereiche ausdehnen, die ansich gefahrlos sind, wie z. B. das Benutzen einer Straßenbahn oder das Überqueren eines Platzes oder der Anblick einer Spinne.

In so einem Fall setzt automatisch ein vom Körper zentral gesteuertes Merksystem ein, das – meist unbewusst – ähnlich einer Pawlow’schen Prägung eine bestimmte Situation oder ein Körpergeschehen (z. B. erhöhte Herzfrequenz), oder einen Gedanken mit „GEFAHR !!!“ verbindet und einen positiven Rückkoppelungskreis auslöst, der als Angstanfall erlebt wird, ähnlich einem Feuermelder, der übersensibel schon bei einer Zigarette Alarm schlägt.

Die hierbei erlebten Körperreaktionen, Wahrnehmungen der Situation oder Gedanken werden nun im Gehirn automatisch als so bedrohlich gespeichert, dass sie ihrerseits wieder einen Angstanfall provozieren können. So dehnen sich die Angstauslöser auf immer weitere Bereiche aus und schränken, wenn die Störung unbehandelt bleibt, die Handlungsfähigkeit des Menschen immer mehr ein, weil die Angst vor allem und jedem immer größer wird und deshalb immer mehr Situationen vermieden werden.

Die zentrale Steuerung dafür erfolgt im entwicklungsgeschichtlich ältesten Teil des Gehirns, dem Stammhirn. Es ist dem direkten willentlichen Zugriff entzogen und sorgt für die Basisfunktionen im Körper, wie Herzschlag, Atmung, Verdauung, usw.. Darin liegt auch begründet, warum meist nichts nützt, sich zu denken, dass „die Straßenbahn ohnehin ungefährlich ist“, weil über das Denken allein das Stammhirn nicht beeinflusst werden kann. Da muss man einen Umweg machen.

Wenn auch heute vielfach keine wirkliche Lebensbedrohung besteht, so reicht doch unsere einige tausend Jahre alte Zivilisation nicht aus, das im Laufe der Evolution über so viele Millionen Jahre herausgebildete Überlebensprogramm zu verändern. In unserer Kultur ist es meist nicht nötig, unmöglich, oder sozial unerwünscht, zu kämpfen oder zu fliehen, so werden Angststörungen und Panikattacken immer mehr zur Krankheit unserer Zeit.

Menschen die depressiv sind, oder die sich schwer tun Gefühle wie Wut und Enttäuschung zu zeigen, sind besonders gefährdet an Angststörungen zu leiden.

Behandlung von Ängsten und Panikattacken

Angst hat mehrere Anteile. Einen körperlichen, einen gedanklichen bzw. einen gefühlsmäßigen, sowie das Verhalten, das einer Angstsituation folgt. Dementsprechend gibt es auch in der Behandlung verschiedene Schwerpunkte. Zunächst einmal muss das in unangebrachten Situationen automatisch einsetzende Alarmprogramm im Körper wieder rückgängig gemacht werden. In der Verhaltenstherapie werden dazu Entspannungstechniken vermittelt. Angst bedeutet Spannung und Entspannung führt zur Angstreduktion. Im entspannten Zustand werden Betroffene dahin geführt, angstauslösende Situationen, in ganz kleinen Schritten zu bewältigen. Man nennt das systematische Desensibilisierung und es ist – wenn es richtig vermittelt wird – eine oft gebräuchliche und sehr effiziente Form zur Behandlung von Ängsten. Das erfordert allerdings viel Fingerspitzengefühl und individuelle Programmabstufung, da sonst das Gegenteil bewirkt werden kann. Weiters werden Techniken vermittelt um in Situationen zu bestehen, wenn Panik bereits ausgebrochen ist.

Ein anderer Teil der Therapie besteht darin, angstauslösende oder –steigernde Gedanken und Gefühle zu erkennen und sie durch andere, beruhigende zu ersetzen. Ein weiterer wichtiger Anteil ist die Arbeit mit der Persönlichkeit des Betroffenen. Dazu gehört seine persönliche Lerngeschichte, seine Gefühle und Bewertungen, sein soziales und berufliches Umfeld, welche Handlungen er setzt, sowie der Aufbau von Verhaltensalternativen.

Ebenfalls wichtig ist eine eventuelle Aufarbeitung früherer belastender Ereignisse, aber auch die Erkenntnis, ob die Störung eine tieferliegende Bedeutung hat, oder ob dem ein tieferliegender Konflikt zugrunde liegt. Medikamentöse Unterstützung kann bei Angststörungen sehr hilfreich sein.

Da Menschen und das, was sie erlebt haben, sehr verschieden sind, ist es nötig, all das individuell zu bearbeiten.